Die Griechen by Alexander Rubel

Die Griechen by Alexander Rubel

Autor:Alexander Rubel
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Marix Verlag
veröffentlicht: 2012-01-20T05:00:00+00:00


Die Volksversammlung und der Rat der 500

Alle politischen Entscheidungen in Athen wurden in der Volksversammlung (ekklesía) durch einfache Mehrheit getroffen. Die Versammlung galt den Athenern als Organ, in dem sich der Willen des ganzen Volkes manifestierte, auch wenn nur einige Tausend anwesend waren. Deshalb ist in den Beschlüssen und Gesetzen, die die Versammlung verabschiedete, immer vom Demos als beschließendem Organ die Rede. Die Versammlungen wurden vom Rat der 500 (bulé) einberufen, zunächst nach Bedarf, später im 4. Jahrhundert dann auf 40 Versammlungen pro Jahr festgelegt. Bereits im 5. Jahrhundert nahmen wohl regelmäßig mehr als 6.000 Teilnehmer an den Versammlungen teil (mit Ausnahme der Zeit des Peloponnesischen Krieges, als oftmals weniger Bürger zu den Versammlungen kamen), weswegen schon früh für bestimmte Abstimmungen ein Quorum von 6.000 festgelegt war. Die Athener hatten sogar einen eigenen Versammlungsplatz, die „Pnyx“, ein in mehreren Phasen ausgebautes Hügelplateau westlich der Akropolis, auf dem nach den letzten Umbauten in der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts schätzungsweise 8.-9.000 Leute Platz fanden. Zutritt hatte jeder volljährige Athener (volljährig war man im 4. Jahrhundert mit 20 Jahren nach dem Militärdienst). Wer sich als Unberechtigter einschlich, hatte harte Strafen zu gewärtigen. Aus der Demokratie als Staatsform kritisch gegenüber stehenden philosophisch-staatstheoretischen Quellen erfahren wir, dass die Versammlung mehrheitlich von der ärmeren Bevölkerung Athens, von Tagelöhnern und Alten besucht worden sei. Diese Tendenz mag sich noch verstärkt haben, als man dazu überging, nach 403 auch Diäten für den Besuch der Ekklesia auszuzahlen (das bescheidene Entgelt entsprach etwa einem halben Tageslohn). Hinsichtlich der Richtigkeit der Angaben über die Zusammensetzung der Volksversammlung (Viele gehen einfach davon aus, dass grundbesitzende Bauern aus dem Umland seltener zu den Versammlungen in die Stadt gingen) und über deren Relevanz für die politischen Entscheidungen sind unterschiedliche Meinungen geäußert worden. Es wird sicherlich hilfreich bei der Beurteilung sein, wenn man sich immer deutlich vor Augen hält, dass die einzigen zeitgenössischen Staatstheoretiker Platon, Aristoteles und teilweise Xenophon, ganz zu schweigen von politischen Pamphleten aus der Feder von Oligarchen, allesamt die Demokratie als eine Art Pöbelherrschaft begriffen und somit der Staatsform, die in Athen fast 200 Jahre erfolgreich praktiziert wurde, kaum ein positives Zeugnis ausstellen konnten.

Die Volksversammlung dauerte gewöhnlich – sieht man von essenziellen Debatten in Krisensituationen einmal ab – nur einen halben Tag, was der präzisen und effizienten Vorbereitung der Sitzungen durch den Rat der 500 zuzuschreiben ist, der viele Routineangelegenheiten als einfach durchzuwinkende Beschlussvorlagen präsentierte. Somit war den Besuchern, gerade auch denen, die vielleicht aus entfernteren Demen angereist waren, die Gelegenheit gegeben, am gleichen Tag in der Stadt Geschäften nachzugehen.

Das Beeindruckendste an den Volksversammlungen der Athener bleibt bis heute das dort konsequent angewandte Prinzip der Redefreiheit, auf das die Athener selbst sehr stolz waren. Wer immer wollte – dafür hatten die Athener sogar einen Begriff: ho bulómenos, „der, der will“ –, unabhängig von Stand und Bildung, konnte in der Ekklesia das Wort ergreifen und an Debatten teilnehmen. Die meisten Teilnehmer der Versammlungen blieben passiv und beschränkten sich auf das wichtige Abstimmen, während sie das Reden den Talentierten und Geübten überließen, die



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